Wenn Fachabteilungen ihre benötigten Produkte und Materialien ordern, ohne den Einkauf einzubinden, verursacht das erhebliche Kosten. Das Phänomen, das als Maverick Buying bezeichnet wird, trifft vor allem Krankenhäuser mit manuellen Beschaffungsprozessen. Was sind die Ursachen für den wilden Einkauf? Wie können Freigabe-Workflows helfen, das Problem in den Griff zu bekommen? Und warum sollten Krankenhäuser ihr Anforderungsmanagement transformieren, um im Einkauf die volle Kontrolle zu behalten?
Eigeninitiative ist im beruflichen Kontext gerne gesehen, allerdings kann es passieren, dass Mitarbeitende über das Ziel hinausschießen. Bestes Beispiel ist die Beschaffung. Wenn Fachabteilungen ihre benötigten Produkte und Materialien ordern, ohne den Einkauf einzubinden, entstehen unnötige Kosten, die besonders Krankenhäuser vermeiden müssen, um nicht noch tiefer in die roten Zahlen zu rutschen.
Umso erschreckender ist die Tatsache, dass das wilde Kaufverhalten besonders im Gesundheitswesen keine Seltenheit ist. Während der Einkauf um Struktur im Beschaffungsprozess bemüht ist, wollen die Fachbereiche schnell und flexibel bestellen. Sind dabei allerdings keine Kontrollmechanismen etabliert, kommt es zu einem weit verbreiteten Phänomen, das jedem Einkäufer ein Dorn im Auge ist: Maverick Buying.
Beim Maverick Buying werden also Dienstleistungen, medizinische Produkte oder Verbrauchsgüter außerhalb der dafür vorgesehenen Beschaffungsprozesse eingekauft. Die Bestellung am Einkauf vorbei verursacht nicht nur Kosten, Krankenhäusern fehlt auch jegliche Kontrolle, die eigentlich nötig ist, um die Beschaffung zu optimieren.
Um den Grund für das wilde Kaufverhalten im Einzelfall zu verstehen und daraus Kontrollmechanismen abzuleiten, lohnt ein Blick auf die drei Ausprägungen, die Maverick Buying annehmen kann:
Dass Mitarbeitende auf eigene Faust und ohne Rücksprache mit dem Einkauf oder dem Vorgesetzten bestellen, muss dabei gar nicht böswillig sein. Besonders im Krankenhaus, wo Engpässe mitunter die Patientenversorgung gefährden, kommt es darauf an, dass medizinische Produkte und Verbrauchsmaterialien bei dringendem Bedarf schnell vor Ort sind. Auch mangelnde Kommunikation und eine fehlende Transparenz über Prozesse und Rahmenverträge mit ausgehandelten Sonderkonditionen können ein Grund dafür sein, dass Fachkräfte den Einkauf übergehen. Vor allem klinischen Fachkräften fehlt oft der Blickwinkel auf den strategischen Gesamtkontext und die Kosten, die das wilde Kaufverhalten mit sich bringt.
Natürlich kann Maverick Buying im Krankenhaus auch eine bewusste Praktik der Bedarfsträger sein. Mal fehlt das Vertrauen in die Einkaufsabteilung, mal bestellen Fachkräfte bewusst bei anderen Herstellern, weil sie Produkte bevorzugen, die sie nicht von den Herstellern beziehen können, die der Einkauf vorgibt.
Was auch immer die Ursache für Maverick Buying ist, die Folgen für Krankenhäuser sind immens. Einkäufern fehlt nicht nur der Überblick über die gesamten Kosten eingekaufter Warengruppen, sie müssen für die Nachverfolgung aller Bestellungen auch viel Zeit aufwenden und sind darüber hinaus nicht in der Lage, die Lieferungen effizient zu verwalten, geschweige denn Verträge und Konditionen auszuhandeln, die den wirklichen Bedarf im Krankenhaus berücksichtigen.
Nachteile von Maverick Buying im Krankenhaus |
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Die Leittragenden finden sich allerdings nicht nur im Einkauf, auch in anderen Bereichen führt der unkontrollierte Einkauf zu ineffizienten Prozessen. Bestes Beispiel sind die Finanzabteilungen, die unnötig viel Zeit für Rechnungsprüfungen aufwenden müssen, weil Bestelldaten fehlen. Als Folge können Skontovereinbarungen nicht eingehalten werden, sodass Maverick Buying nicht nur Zeit, sondern am Ende wirklich bares Geld kostet.
Krankenhäuser sind also gut beraten, ihre Maverick-Buying-Quote möglichst gering zu halten. Es liegt in der Natur der Sache, dass dem Einkauf dabei eine Sonderrolle zukommt, schließlich werden hier die Rahmenbedingungen für die Beschaffungsprozesse gelegt. Die Strategie muss offen und klar an die Fachabteilungen kommuniziert werden. Nur wenn alle Mitarbeitenden den Gesamtkontext und ihre Rolle darin verstehen, werden Vorgaben auch berücksichtigt.
Dabei ist es allerdings wichtig, die Anforderungen der Abteilungen zu verstehen. Die Strategie und Befugnisse dürfen nicht einfach top down aufgezwungen werden. Vielmehr muss der Einkauf als Schaltstelle in der Organisation mit den Fachabteilungen zusammenarbeiten, um die Auswahl der Lieferanten auf ihre Bedürfnisse abzustimmen. Während die Fachbereiche ihre Expertise bzgl. benötigter Materialien oder Dienstleistungen einbringen sollten, müssen sich Einkäufer auf die Analyse, Auswahlverfahren und Verhandlungen konzentrieren können – eine Aufgabenteilung, die Stärken fördert und Vertrauen schafft.
Eine effektive Kommunikation und klare Rollenverteilungen bilden also die Grundlage, um Maverick Buying in den Griff zu bekommen. Bei aller Offenheit muss unmissverständlich klar gemacht werden, dass der Einkauf die Anlaufstelle für alle Beschaffungen ist. Es kann und darf nicht die Aufgabe von klinischen Fachkräften oder anderen Abteilungen sein, Lieferanten zu recherchieren, Konditionen zu verhandeln oder Bestellungen auszulösen.
Um den Einkauf als letzte Kontrollinstanz zu positionieren, bedarf es daher Freigabe-Workflows, die pro Fachabteilung oder Kostenstelle individuell gestaltet sein können. Wenn für jeden Bedarfsträger klar ist, welche Produkte und Dienstleistungen er zu welchem Preis einkaufen kann, führt das nicht nur zu einer höheren Vertragskonformität, sondern auch zu einer verbesserten Ausgabenkontrolle.
Der Fakt, dass die Bedarfsanforderung bei den Fachabteilungen, die Bestellung aber weiterhin beim Einkauf liegen soll, macht deutlich, dass Krankenhäuser mit manuellen Beschaffungsprozessen kaum eine Chance haben, ihre Maverick-Buying-Quote zu senken. Um die Beschaffung effizient zu gestalten und das Risiko des unkontrollierten Einkaufs zu reduzieren, müssen die beiden Bereiche miteinander verknüpft werden.
Hier kommen digitale Lösungen ins Spiel, mit denen Krankenhäuser eine digitale Transformation ihres Anforderungsmanagements einläuten. Eine benutzerfreundliche Oberfläche inklusive intuitiver Suchfunktion sollte es den Anwendern einfach machen, Produkte aus genehmigten Katalogen zu finden und zum Warenkorb hinzuzufügen. Mit wenigen Klicks kann die Anfrage an den Einkauf übermittelt werden, der genauso schnell und unkompliziert seine Freigabe geben kann. Wenn Preisnachlässe, die sich Krankenhäuser durch die Anbindung an eine Einkaufsgemeinschaft gesichert haben, ebenfalls berücksichtigt werden, gehört das wilde Einkaufsverhalten bald der Vergangenheit an.
Krankenhäusern reduzieren durch die Verknüpfung von Bedarfsanforderung und Bestellung nicht nur Prozesskosten, die Verantwortlichen erhalten auch einen besseren Überblick über ihre Ausgaben, die sie besser verwalten können. Damit profitieren am Ende alle Beteiligten: Kliniken senken neben der Maverick-Buying-Quote auch ihre Ausgaben, ihre Einkäufer freuen sich über effizientere Prozesse und die Fachkräfte auf der Station gewinnen Zeit, die sie den Patienten widmen können.
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Hani Jomaa, Senior Technical Product Manager bei GHX Europe, ist ein ausgewiesener Experte rund um das Thema E-Procurement. Als Verfechter von intuitiven und benutzerfreundlichen Anwendungen entwickelt er intelligente Lösungen, die Krankenhäuser bei der digitalen Transformation ihrer Prozesse für das Anforderungsmanagement und die Bestandsverwaltung unterstützen.
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